Begründung zum Gesetz zur Anpassung der Besoldung und Versorgung für das Land Berlin 2022 (BerlBVAnpG 2022)

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Begründung zum Gesetz zur Anpassung der Besoldung und Versorgung für das Land Berlin 2022 und zur Änderung weiterer Vorschriften (BerlBVAnpG 2022)

A. Begründung

a) Allgemeines:

Anpassung der Besoldung und Versorgung

Die Dienst- und Versorgungsbezüge sind zuletzt zum 1. Januar 2021 durch das Gesetz zur Anpassung der Besoldung und Versorgung für das Land Berlin 2021 und zur Änderung weiterer Vorschriften (BerlBVAnpG 2021) vom 9. Februar 2021 (GVBl. S. 146) um die sich aus der erfolgten Bekanntmachung vom 3. März 2021 (GVBl. S. 266) ergebenden Beträge angepasst worden.

Nach § 14 BBesG BE wird die Besoldung entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und unter Berücksichtigung der mit den Dienstaufgaben verbundenen Verantwortung regelmäßig angepasst.

Gemäß § 70 des Landesbeamtenversorgungsgesetzes (LBeamtVG) sind, wenn die Dienstbezüge der Besoldungsberechtigten allgemein erhöht oder vermindert werden, von demselben Zeitpunkt an die Versorgungsbezüge entsprechend zu regeln.

Die Notwendigkeit zur Anpassung der Besoldung und Versorgung von beamteten Dienstkräften bzw. Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfängern ergibt sich aus Artikel 33 Absatz 5 des Grundgesetzes (GG). Danach ist das Recht des öffentlichen Dienstes unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln. Zu den vom Gesetzgeber wegen seines grundlegenden und strukturprägenden Charakters nicht nur zu berücksichtigenden, sondern zu beachtenden hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums zählt das Alimentationsprinzip. Artikel 33 Absatz 5 GG ist unmittelbar geltendes Recht und enthält einen Regelungsauftrag an den Gesetzgeber sowie eine institutionelle Garantie des Berufsbeamtentums. Des Weiteren begründet Artikel 33 Absatz 5 GG ein grundrechtsgleiches Recht der beamteten Dienstkräfte, soweit deren subjektive Rechtsstellung betroffen ist. Innerhalb des ihm zukommenden Entscheidungsspielraums muss der Gesetzgeber das Besoldungsund Versorgungsrecht den tatsächlichen Notwendigkeiten und der fortschreitenden Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse anpassen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Mai 2020, Az.: 2 BvL 4/18).

Die Bundesländer werden voraussichtlich für die prozentuale Erhöhung der Besoldung im Jahr 2022 mehrheitlich den Tarifabschluss zumindest wirkungsgleich übernehmen. Dies entspräche der generellen Vorgehensweise bei den Besoldungsanpassungen der Länder in den vorhergehenden Jahren.

Um das Besoldungsniveau im Anschluss an die Besoldungsanpassungen der letzten Jahre weiterhin konstant zu halten, soll die lineare Erhöhung der Besoldung im Jahr 2022 zum 1. Dezember 2022 um 2,8 vom Hundert erfolgen. Die mit diesem Gesetz beabsichtigte Erhöhungen der Besoldungs- und Versorgungsbezüge im Land Berlin entspricht dem Gesamtvolumen des Tarifabschlusses vom 29. November 2021. Für die Anwärterinnen und Anwärter wird analog zum Tarifabschluss der Länder eine Erhöhung der Anwärtergrundbeträge zum 1. Dezember 2022 in Höhe von 50 Euro erfolgen. Damit wird den aktuellen Entwicklungen der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse unter Berücksichtigung der insbesondere in Folge der Corona-Krise angespannten Haushaltslage Berlins Rechnung getragen.

Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Amtsangemessenheit der  Alimentation

In ständiger Rechtsprechung hat das BVerfG ein Prüfschema zur Amtsangemessenheit der Alimentation entwickelt und fortwährend bestätigt, zuletzt mit dem Beschluss vom 4. Mai 2020 unter dem Aktenzeichen 2 BvL 4/18. Anhand des Prüfschemas ermittelt das BVerfG in drei Prüfungsstufen, ob die Alimentation verfassungswidrig ist.

Auf der ersten Prüfungsstufe wird anhand eines Orientierungsrahmens ermittelt, ob die Alimentationsstruktur und das Alimentationsniveau grundsätzlich verfassungsgemäß ausgestaltet sind. Dieser Orientierungsrahmen setzt sich aus fünf Parametern zusammen, die einzeln zu betrachten sind:

1) Der erste Parameter vergleicht die Besoldungsentwicklung in den letzten 15 Jahren mit den Tarifergebnissen der Beschäftigten im öffentlichen Dienst mit vergleichbarer Ausbildung und Tätigkeit. Eine Verletzung dieses Parameters ist dann gegeben, wenn die Differenz zwischen den Tarifergebnissen und der Besoldungsanpassung mindestens 5 Prozent des Indexwertes der erhöhten Besoldung beträgt.
2) Der zweite Parameter vergleicht die Besoldungsentwicklung in den letzten 15 Jahren mit der Entwicklung des Nominallohnindex im jeweils betrachteten Land. Eine Verletzung dieses Parameters ist dann gegeben, wenn die
Differenz zwischen der Entwicklung des Nominallohnindex und der Besoldungsentwicklung mindestens 5 Prozent des Indexwertes der erhöhten Besoldung beträgt.
3) Der dritte Parameter vergleicht die Besoldungsentwicklung in den letzten 15 Jahren mit der Entwicklung des Verbraucherpreisindex im jeweils betrachteten Land. Eine Verletzung dieses Parameters ist dann gegeben, wenn die Differenz zwischen der Entwicklung des Verbraucherpreisindex und der Besoldungsentwicklung mindestens 5 Prozent des Indexwertes der erhöhten Besoldung beträgt.
4) Der vierte Parameter nimmt einen systeminternen Besoldungsvergleich vor.
Dieser setzt sich aus zwei getrennt zu betrachtenden Tatbeständen zusammen.
a) Zum einen ist in den Blick zu nehmen, ob sich die Abstände zwischen zwei zu vergleichenden Besoldungsgruppen in den zurückliegenden fünf Jahren um mindestens 10 Prozent verringert haben (Parameter
4a)). Denn die Amtsangemessenheit der Alimentation von beamteten Dienstkräften bzw. Richterinnen und Richtern in einer bestimmten Besoldungsgruppe bestimmt sich auch durch ihr Verhältnis zur Besoldung von beamteten Dienstkräften in anderen Besoldungsgruppen. Das sogenannte Abstandsgebot folgt aus dem Leistungsgrundsatz in Artikel 33 Absatz 2 GG und dem Alimentationsprinzip in Artikel 33 Absatz 5 GG.

Dieses untersagt dem Besoldungsgesetzgeber ungeachtet seines weiten Gestaltungsspielraums, den Abstand zwischen verschiedenen Besoldungsgruppen dauerhaft einzuebnen. Durch die Anknüpfung der Alimentation an innerdienstliche, unmittelbar amtsbezogene Kriterien wie dem Dienstrang soll sichergestellt werden, dass die Bezüge entsprechend der unterschiedlichen Wertigkeit der Ämter abgestuft sind. Daher bestimmt sich ihre Amtsangemessenheit auch im Verhältnis zur Besoldung und Versorgung anderer Beamtengruppen. Gleichzeitig
kommt darin zum Ausdruck, dass jedem Amt eine Wertigkeit immanent ist, die sich in der Besoldungshöhe widerspiegeln muss. Die Wertigkeit wird insbesondere durch die Verantwortung des Amtes und die Inanspruchnahme der Amtsinhaberin oder des Amtsinhabers bestimmt. Die amtsangemessene Besoldung ist notwendigerweise eine abgestufte Besoldung. Die Organisation der öffentlichen Verwaltung stellt darauf ab, dass in den höher besoldeten Ämtern die für den Dienstherrn wertvolleren Leistungen erbracht werden. Deshalb muss im Hinblick auf das Leistungs- und das Laufbahnprinzip mit der organisationsrechtlichen Gliederung der Ämter eine Staffelung der Gehälter einhergehen. Amtsangemessene Gehälter sind auf dieser Grundlage so zu bemessen, dass sie beamteten Dienstkräften eine Lebenshaltung ermöglichen, die der Bedeutung ihres jeweiligen Amtes entspricht. Eine deutliche Verringerung der Abstände der Bruttogehälter in den Besoldungsgruppen infolge
unterschiedlich hoher linearer Anpassungen bei einzelnen Besoldungsgruppen oder zeitlich verzögerter Besoldungsanpassungen indiziert einen Verstoß gegen das Abstandsgebot
b) Zum anderen ist das Mindestabstandsgebot zu wahren (Parameter 4b)). Dieses besagt, dass bei der Bemessung der Besoldung der qualitative Unterschied zwischen der Grundsicherung, die als staatliche Sozialleistung den Lebensunterhalt von Arbeitsuchenden und ihren Familien sicherstellt, und dem Unterhalt, der erwerbstätigen beamteten Dienstkräften und Richterinnen und Richtern geschuldet ist, hinreichend deutlich werden muss. Dieser Mindestabstand wird unterschritten, wenn die Nettoalimentation (unter Berücksichtigung der familienbezogenen Bezügebestandteile und des Kindergelds) um weniger als 15 Prozent über dem Grundsicherungsniveau liegt. Eine aus der bisherigen Besoldungspraxis abgeleitete Bezugsgröße ist die vierköpfige Alleinverdienerfamilie.

Da der Besoldungsgesetzgeber über einen weiten Gestaltungsspielraum verfügt, besteht keine Verpflichtung die Grundbesoldung so zu bemessen, dass beamtete Dienstkräfte ihre Familie als Alleinverdienerin oder Alleinverdiener unterhalten können. Vielmehr steht es dem Besoldungsgesetzgeber frei, etwa durch höhere Familienzuschläge bereits für das erste und zweite Kind die Besoldung von den tatsächlichen Lebensverhältnissen
abhängig zu machen. Sofern das Mindestabstandsgebot nicht gewahrt wird, schlägt sich dies in der Weise bei höheren Besoldungsgruppen nieder, als sich der vom Besoldungsgesetzgeber selbst gesetzte Ausgangspunkt für die Besoldungsstaffelung als fehlerhaft erweist.

5) Der fünfte Parameter vergleicht die Besoldung des gegenständlich in den Blick genommenen Landes bzw. des Bundes mit der Besoldung des Bundes und der anderen Länder. Soweit das jährliche Bruttoeinkommen einschließlich der gewährten Sonderzahlungen mehr als 10 Prozent unter dem Durchschnitt der Dienstbezüge der jeweiligen Besoldungsgruppe im Bund und in den anderen Ländern im selben Zeitraum liegt, stellt dies ein Indiz für eine verfassungswidrige Unteralimentation dar.

Sofern sich anhand der Würdigung der Feststellungen der ersten Prüfungsstufe im Wege einer Gesamtbetrachtung ergibt, dass eine Vermutung für eine verfassungswidrige Unteralimentation vorliegt, so sind auf der zweiten Prüfungsstufe im Rahmen einer Gesamtabwägung die Ergebnisse der ersten Prüfungsstufe mit weiteren alimentationsrelevanten Kriterien eingehend zu würdigen. Hierzu besteht indes kein Anlass, wenn auf der ersten Prüfungsstufe bei allen Parametern die vorgegebenen Schwellenwerte nicht überschritten werden.

Ist nach den beiden vorherigen Prüfungsstufen festzustellen, dass die Besoldung grundsätzlich als verfassungswidrige Unteralimentation einzustufen ist, ist auf der dritten Prüfungsstufe zu prüfen, ob im Ausnahmefall die Unteralimentation verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein kann.

Prüfung der Besoldung im Land Berlin nach den Vorgaben des BVerfG

Entsprechend der Maßgabe des BVerfG erfolgt anhand der soeben dargestellten fünf Parameter der ersten Prüfungsstufe eine Betrachtung, ob die Alimentationsstruktur und das Alimentationsniveau grundsätzlich verfassungsgemäß ausgestaltet sind. Das BVerfG hält hierzu fest, dass sich erst anhand einer Gegenüberstellung
der Besoldungsentwicklung einerseits mit verschiedenen Vergleichsgrößen andererseits über einen aussagekräftigen Zeitraum hinweg zeigt, ob der Gesetzgeber seiner Pflicht zur Anpassung der Alimentation an die allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse bei der Fortschreibung der Besoldungshöhe nachkommt. Es genügt dabei, dass die von den Besoldungsgesetzgebern im Regelfall für alle Besoldungsgruppen gleichermaßen vorgenommenen linearen Anpassungen der Bezüge um einen bestimmten Prozentwert erfasst werden.

Dies gilt entsprechend für die Ermittlung der Vergleichsgrößen.
1) Vergleich der Besoldungsentwicklung mit den Tarifergebnissen der Beschäftigten im öffentlichen Dienst mit vergleichbarer Ausbildung und Tätigkeit. Wie soeben bereits allgemein für die Ermittlung der Vergleichsgrößen ausgeführt, ist es auch für die Tariflohnentwicklung nicht erforderlich diese exakt zu berechnen, da lediglich Orientierungswerte für die erforderliche Gesamtabwägung zu ermitteln sind.

Das BVerfG gibt vor, dass die Entwicklung der zurückliegenden 15 Jahre zu betrachten ist. Dementsprechend stellt die Anlage 1 (Parameter 1) die Besoldungsentwicklung zwischen den Jahren 2007 bis 2021 dar und setzt diese in Vergleich zur Tariflohnentwicklung im selben Zeitraum. Entsprechend den Vorgaben des BVerfG wurden auf der ersten Prüfstufe die über alle Besoldungsgruppen gleichermaßen vorgenommenen linearen Anpassungen der Bezüge erfasst. Es wurden bei der Darstellung der Besoldungsentwicklung die Sonderzahlungen, Einmalzahlungen sowie Sockelbeträge und der Zeitpunkt der Besoldungsanpassung außer Betracht gelassen. Entsprechend wurden bei der Gegenüberstellung der Entwicklung der Tariflöhne allein lineare Tariferhöhungen erfasst. Sockelbeträge, Einmalzahlungen sowie Veränderungen der Sonderzahlungen bleiben ebenso außen vor wie der Zeitpunkt der Tariferhöhungen.

Es ist ersichtlich, dass die Besoldung im betrachteten Zeitraum um 38,69 Prozent gestiegen ist, während die Tariflöhne im selben Zeitraum um 36,49 Prozent gestiegen sind. Dies bedeutet, dass der Besoldungsentwicklungsindex im maßgeblichen Zeitraum um 1,59 Prozent den Tarifentwicklungsindex übersteigt. Somit liegt keine Verletzung des ersten Parameters vor.

2) Vergleich der Besoldungsentwicklung mit der Entwicklung des Nominallohnindex

Bei der Berechnung des Nominallohnindex für das Land Berlin wurden die Berechnungen des Amtes für Statistik Berlin-Brandenburg (vgl. fortlaufende Berichte des Amtes für Statistik Berlin-Brandenburg, u.a. Statistischer Bericht
N I 1 – vj 4/21 Berlin) in Ansatz gebracht.

Wie aus der Anlage 2 (Parameter 2) ersichtlich ist, ist im zu betrachtenden Zeitraum von 2007 bis 2021 die Besoldung um 38,69 Prozent gestiegen. Dem steht eine Erhöhung des Nominallohns von 40,20 Prozent im selben Zeitraum gegenüber. Somit besteht eine Abweichung von 1,09 Prozent von der Besoldungsentwicklung zur Entwicklung des Nominallohnindex. Wie angeführt, sieht das BVerfG eine Verletzung dieses Parameters erst dann als gegeben an, wenn ein Abstand von über 5 Prozent gegeben ist. Somit liegt keine Verletzung des zweiten Parameters vor.

3) Vergleich der Besoldungsentwicklung mit der Entwicklung des Verbraucherpreisindex

Bei der Berechnung des Verbraucherpreisindex für das Land Berlin wurden die Berechnungen des Amtes für Statistik Berlin-Brandenburg (vgl. fortlaufende Berichte des Amtes für Statistik Berlin-Brandenburg Statistischer Bericht M I 1 – vj 2/22 Berlin) in Ansatz gebracht.

Wie aus der Anlage 3 (Parameter 3) ersichtlich ist, steht eine Erhöhung des Besoldungsindex von 38,69 Prozent im zu betrachtenden Zeitraum von 2007 bis 2021 eine Erhöhung des Verbraucherpreisindex von 22,02 Prozent gegenüber.

In der Folge übersteigt die Entwicklung des Besoldungsindex die Entwicklung des Verbraucherpreisindex im maßgeblichen Zeitraum um 12,02 Prozent. Somit liegt keine Verletzung des dritten Parameters vor.

4) Systeminterner Besoldungsvergleich
a) Beachtung des Abstandsgebots

In Anlage 4a (Parameter 4a)) ist der geforderte systeminterne Besoldungsvergleich dargestellt. Es wird der Abstand des Grundgehaltsbetrags der Endstufe in der Besoldungsgruppe A 5 mit dem Grundgehaltsbetrag der Endstufen in den Besoldungsgruppen A 7, A 9, A 13, R 2 und den Festgehältern in den Besoldungsgruppen R 4 und R 8 sowohl im Jahr 2017 als auch im Jahr 2022 verglichen. Es ist ersichtlich, dass sich im betrachteten Zeitraum die verglichenen Abstände nicht verringert haben.

Laut dem BVerfG liegt eine Verletzung des Abstandsgebots erst dann vor, wenn die Abstände um mindestens 10 Prozent verringert wurden.

Das Abstandsgebot ist somit beachtet worden.

b) Beachtung des Mindestabstandsgebots

In seinem Beschluss vom 4. Mai 2020 (Az.: 2 BvL 4/18) geht das BVerfG

im Zusammenhang mit den Anforderungen des systeminternen Besoldungsvergleichs zudem detailliert auf den gebotenen Mindestabstand bei den zur Prüfung gestellten Besoldungsgruppen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende ein. Dieses Mindestabstandsgebot besagt laut dem BVerfG konkret, dass bei der Bemessung der Besoldung der qualitative Unterschied zwischen der Grundsicherung, die als staatliche Sozialleistung den Lebensunterhalt von Arbeitsuchenden und ihren Familien sicherstellt, und dem Unterhalt, der erwerbstätigen beamteten Dienstkräften und Richterinnen und Richtern geschuldet ist, hinreichend deutlich werden muss. Dieser Mindestabstand wird dann unterschritten, wenn die Nettoalimentation (unter Berücksichtigung der familienbezogenen Bezügebestandteile und des Kindergelds) um weniger als 15 Prozent über dem Grundsicherungsniveau liegt. Die vierköpfige Alleinverdienerfamilie ist hierbei die aus der bisherigen Besoldungspraxis abgeleitete Bezugsgröße. Einer gesonderten Prüfung der Besoldung mit Blick auf die Kinderzahl ist somit erst ab dem dritten Kind erforderlich. In diesem Zusammenhang weist das BVerfG darauf hin, dass insbesondere keine Verpflichtung besteht, das Grundgehalt so zu bemessen, dass beamtete Dienstkräfte und Richterinnen und Richter ihre Familie als Alleinverdiener unterhalten können. Es steht dem Besoldungsgesetzgeber
ausdrücklich frei, etwa durch höhere Familienzuschläge bereits für das erste und zweite Kind stärker als bisher die Besoldung von den tatsächlichen Lebensverhältnissen abhängig zu machen.

In der Anlage 4b (Parameter 4b)) werden die Leistungen der sozialen Grundsicherung finanziell beziffert. Das Grundsicherungsniveau, welches zur Bestimmung der Mindestalimentation herangezogen wird, umfasst alle Elemente des Lebensstandards, der den Empfängern von Grundsicherungsleistungen staatlicherseits gewährt wird. Unerheblich hierbei ist, ob zur Befriedigung der anerkannten Bedürfnisse Geldleistungen gewährt oder bedarfsdeckende Sach- bzw. Dienstleistungen erbracht werden. Dem Besoldungsgesetzgeber steht es hierbei frei, die Höhe des Grundsicherungsniveaus mit Hilfe einer plausiblen und realitätsgerechten Methodik zu bestimmen. Er ist jedoch daran gehalten, den Umfang der Sozialleistungen realitätsgerecht zu bemessen. Zur Ermittlung des Betrages, der einer beamteten Dienstkraft netto mindestens zur Verfügung stehen muss, wird anschließend der nunmehr finanziell bezifferte Umfang der Leistungen der sozialen Grundsicherung um 15 Prozent erhöht.

Regelbedarfe

Für die Berechnung des Grundsicherungseinkommens für das BerlBVAnpG 2022 wurden die Beträge der Regelbedarfe der Grundsicherung aus der Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung 2022 zu
Grunde gelegt.

Entsprechend der Ausführungen des BVerfG im Beschluss 2 BvL 4/18 sind hinsichtlich der Kinder vorliegend die Regelbedarfssätze mit der Anzahl der für die einzelnen Regelbedarfsstufen relevanten Lebensjahre gewichtet
worden. Dementsprechend wurde ein gewichteter Regelsatz in Höhe von 317 Euro (aufgerundet) berücksichtigt. Hierbei wurde der Regelsatz der Stufe 4 (14 bis 17-jährige Kinder: 376 Euro) mit 4/18, der Regelsatz der Stufe 5 (6 bis 13-jährige Kinder: 311 Euro) mit 8/18 und der Regelsatz der Stufe 6 (0 bis 5-jährige Kinder: 285 Euro) mit 6/18 berücksichtigt.

Kosten der Unterkunft

Das BVerfG hat in seinem Beschluss 2 BvL 4/18 bei der Ermittlung der Kosten der Unterkunft auf die von der Bundesagentur für Arbeit übermittelten Werte des 95 %-Perzentils für Partner-Bedarfsgemeinschaften mit zwei Kindern zurückgegriffen. Diese Auswertung wird durch die Bundesagentur für Arbeit beständig aktualisiert, zuletzt am 30.11.2021 unter dem Titel „Kosten der Unterkunft:

95 %-Perzentil der Bedarfe KdU nach ausgewählten bedarfsgemeinschafts-Typen“.

Vorliegend wurden die Kosten der Unterkunft jedoch abweichend vom 95 %-Perzentil der Bundesagentur für Arbeit anhand der von der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales in den Ausführungsvorschriften zur Gewährung von Leistungen gemäß § 22 des SGB II und §§ 35 und 36 SGB XII (AVWohnen) vom 14. Dezember 2021 (ABl. S. 5519 ff.) festgelegten Richtwerte berücksichtigt. Das 95 %-Perzentil ist zur Bestimmung der Kosten der Unterkunft weniger geeignet, da es zu deutlichen Unschärfen führen kann. So ergab sich für das Land Berlin im Rahmen des 95 %-Perzentils eine überdurchschnittliche, in der Realität des Berliner Mietenspiegels nicht nachvollziehbare Erhöhung von 1.087 Euro im Jahr 2017 auf 1.460 Euro im Jahr 2020 (plus 34,3 Prozent in drei
Jahren). Dies verdeutlicht, dass das 95 %-Perzentil der Bundesagentur für Arbeit für das Land Berlin keine aussagekräftige Vergleichsgröße darstellt, da statistische Ausreißer den Wert unangemessen verzerren können. Würde man das 95 %-Perzentil bei der Ermittlung des Mindestabstands der Besoldung zur Grundsicherung zu Grunde legen, so würde dies zu einer erheblichen Abweichung gegenüber den üblicherweise gezahlten Kosten der Unterkunft führen. Dies würde in der Konsequenz dazu führen, dass ein Mindestabstand festgelegt werden würde, der weit über den Anforderungen des BVerfG liegt, nämlich der Orientierung an tatsächlich gewährten Leistungen der sozialen Grundsicherung.

Die von der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales in der AV Wohnen festgelegten Richtwerte stimmen mit der Berliner Realität deutlich besser überein als das 95 %-Perzentil der Bundesagentur für Arbeit, da die Richtwerte auf dem Berliner Mietspiegel beruhen. Nach der Statistik der Bundesagentur für Arbeit vom 24. August 2020 unter dem Titel „Wohn- und Kostensituation SGB II (Monatszahlen)“ lagen die tatsächlichen durchschnittlichen Kosten der Unterkunft einer Partnerbedarfsgemeinschaft mit zwei Kindern in der Unterkunftsart Miete (bruttokalt) im Monat November 2021 im Land Berlin bei 655,20 Euro. Der Rückgriff auf die Unterkunftsart Miete ist sachgerecht, da Berlin eine Mieterstadt ist. Nach dem Wohnungsmarktbericht 2020 der Investitionsbank
Berlin sind 84,25 Prozent des Wohnungsbestandes in Berlin Mietwohnungen.

Bei der Berechnung der Kosten der Unterkunft auf der Grundlage der AV Wohnen wurde der Richtwert der monatlichen Bruttokaltmiete einer Bedarfsgemeinschaft mit vier Personen (Nummer 3.2 Absatz 2 AV Wohnen) in Höhe von 713,70 Euro zuzüglich eines Zuschlags für Wohnungen des sozialen Wohnungsbaus des 1. Förderweges in Höhe von 10 Prozent (Nummer 3.2 Absatz 3 AV Wohnen) zu Grunde gelegt, mithin ein aufgerundeter Betrag in Höhe von 786 Euro. Dieser liegt rund 20 Prozent über dem von der Bundesagentur für Arbeit angegebenen Durchschnittswert.

Das 95 %-Perzentil der Bundesagentur für Arbeit für das Jahr 2020 liegt rund 123 Prozent über dem Durchschnitt des Monats November 2021. Das ist sachlich nicht gerechtfertigt, denn es berücksichtigt eine extreme Abweichung der höchsten fünf Prozent vom arithmetischen Mittel. Rund 20 Prozent über dem Durchschnittswert sind ausreichend, um die Kosten der Unterkunft des weitaus größten Teils der beamteten Dienstkräfte abzubilden.

Heizkosten

Die monatlichen Heizkosten für eine vier Personen umfassende Bedarfsgemeinschaft in Höhe von 128 Euro wurden aus der Anlage 2 zur AV Wohnen, berlinspezifisch gewichtet über die verschiedenen Heizarten (Heizöl: 17 Prozent, Erdgas: 35 Prozent, Fernwärme: 37 Prozent und Wärmepumpe und Rest: 11 Prozent; vgl. Statistik des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft e.V.: www.bdew.de/media/documents/Pub_20191031_Wie-heizt-Deutschland-2019.pdf), bei einer Gebäudefläche von 501 m2 bis 1000 m2 errechnet. Auch hier wurde bei der Gebäudefläche der hohe Anteil von Mietwohnungen in Mehrfamilienhäusern im Land Berlin berücksichtigt. Der in Ansatz gebrachte Wert von 133 Euro liegt rund 54,8 Prozent über dem von der Bundesagentur für Arbeit genannten tatsächlichen Durchschnittswert von 85,91 Euro im November 2021, so dass regelmäßig auch eventuelle Nachzahlungen im Rahmen der Heizkostenabrechnungen geleistet werden können. Die laufenden Heizkosten des 95 %-Perzentils der Bundesagentur für Arbeit liegen mit 186 Euro rund 117 Prozent über diesem
Durchschnittswert.

Die dargestellten Berechnungsmethodiken für eine Bedarfsgemeinschaft von vier Personen wurden in vergleichbarer Weise für die Berechnung der Kosten der Unterkunft und der Heizkosten für die sonstigen dargestellten Konstellationen (ledig ohne bzw. mit einem Kind, verheiratet ohne bzw. mit einem Kind) genutzt.

Bildung und Teilhabe

Bedarfe für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben werden bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen neben dem Regelbedarf gesondert im sogenannten „Bildungspaket“ berücksichtigt.

Bei der Ermittlung des maßgeblichen durchschnittlichen Grundsicherungseinkommens wurden für Bildung und Teilhabe, analog zur Berechnungsweise des BVerfG, folgende Leistungen bzw. Beträge berücksichtigt:
- Eine mehrtägige Klassenfahrt für jedes Kind und Schuljahr für die Zeit bis zum 18. Lebensjahr, umgerechnet auf den Monat (10 Schuljahre x 168,80 Euro / 18 Jahre /12 Monate = 7,81 Euro je Monat und Kind),
- eine mehrtägige Kitafahrt für jedes Kind während der gesamten Kitazeit (130,67 Euro / 18 Jahre / 12 Monate = 0,60 Euro je Monat und Kind),
- ein eintägiger Kita-Ausflug im Jahr für jedes Kind für 3 Kitajahre (5,49 Euro x 3 Jahre / 18 Jahre / 12 Monate = 0,08 Euro je Monat je Kind),
- ein eintägiger Schul-Ausflug im Jahr für jedes Kind für 10 Schuljahre (7,54 Euro x 10 Schuljahre / 18 Jahre / 12 Monate = 0,35 Euro je Monat je Kind),
- da gemäß § 19 Absatz 3 Schulgesetz das Schulessen von Jahrgangsstufen 1 bis 6 kostenfrei ist, wurde nur für die Jahrgangsstufen 7 bis 10 ein Betrag von 4,36 Euro pro Menü angesetzt (4,36 Euro x 21 Monatstage x 9 Monate x 4 Schuljahre / 18 Jahre / 12 Monate = 15,26 Euro je Monat und Kind),
- Kitaessen, welches für jedes Kind im Jahr 276 Euro kostet (276 Euro x 3 Jahre / 18 Jahre / 12 Monate = 3,83 je Monat und Kind),
- Schulbedarf, welcher für jedes Kind im Jahr 156 Euro kostet (156 Euro x 10 Schuljahre / 18 Jahre / 12 Monate = 7,22 je Monat und Kind),
- Kostenbetrag für ergänzende Förderung und Betreuung an Schulen (Hortkosten), Jahrgangsstufen 1 und 2 sind kostenfrei, nach der Anlage 2a zum Gesetz über die Beteiligung an den Kosten der Betreuung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege sowie in außerunterrichtlichen schulischen Betreuungsangeboten (Tagesbetreuungskostenbeteiligungsgesetz-TKBG) gemäß Empfehlung der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie bei einer Familie mit Grundsicherungseinkommen 2,5 Betreuungsstunden pro Kind (in der Regel Betreuungszeit 13:30 bis 16:00 Uhr) die niedrigste Gehaltsstufe und damit 8 Euro je Monat und Kind; für zwei Kinder jährlich 192 Euro; gemäß § 3 Absatz 3 TKBG für Familien mit zwei Kindern auf 80 Prozent reduziert, entspricht 153,60 Euro jährlich (153, 60 Euro x 4 Jahre / 18 Jahre / 12 Monate = 2,85 Euro für 2 Kinder je Monat und 1,78 Euro für 1 Kind je Monat),
- Betrag für soziale und kulturelle Teilhabe pauschal 15 Euro je Monat und Kind.

Sozialtarife und Rundfunkbeitrag

Das BVerfG führt in seinem Beschluss 2 BvL 4/18 aus, dass der Lebensstandard der Grundsicherungsempfängerinnen und Grundsicherungsempfänger nicht allein durch als solche bezeichnete Grundsicherungsleistungen bestimmt werden. Diesen werden zu einem vergünstigten „Sozialtarif“ vornehmlich Dienstleistungen angeboten, beispielsweise im Bereich der weitverstandenen Daseinsvorsorge (öffentlicher Nahverkehr, Museen, Theater, Opernhäuser, Schwimmbäder). Diese müssen bei einer realitätsgerechten Ermittlung des den Grundsicherungsempfängern gewährleisteten Lebensstandards berücksichtigt werden. Da im Land Berlin Zahlen zur Inanspruchnahme von Vergünstigungen durch Grundsicherungsempfängerinnen und Grundsicherungsempfänger nicht statistisch erfasst werden, wurden unter Orientierung am monatlichen Betrag für die soziale und kulturelle Teilhabe von Kindern und Jugendlichen als geldwerter Vorteil dem Grundsicherungseinkommen monatlich pauschal 15 Euro pro Person hinzugerechnet.

Zudem sind Personen, die Leistungen der Grundsicherung empfangen, von der Entrichtung des Rundfunkbeitrags in Höhe von monatlich 18,36 Euro befreit. Dieser Betrag wird ebenfalls bei der Ermittlung des gebotenen Mindestabstands berücksichtigt.

Gegenüberstellung mit Nettoalimentation

Dem ermittelten Mindestabstand wird der der beamteten Dienstkraft zur Verfügung stehende Nettobetrag (unter Berücksichtigung der familienbezogenen Bezügebestandteile und des Kindergelds) gegenübergestellt. Im Rahmen der Prüfung nach den durch das BVerfG festgelegten Maßstäben trat bereits bei der Erstellung des Gesetzes zur Anpassung der Besoldung und Versorgung für das Land Berlin 2021 und zur Änderung weiterer Vorschriften in einzelnen Besoldungsgruppen zu Tage, dass bei Ehepaaren mit ein oder zwei Kindern die Notwendigkeit eines Erhöhungsbetrags zum Familienzuschlag besteht. Dementsprechend sind in Artikel 1 § 2 Absatz 4 BerlBVAnpG 2021 Erhöhungsbeträge zu dem Familienzuschlag für die Besoldungsgruppen A 5 bis A 8 festgelegt worden, mit Hilfe derer Familien, die aus drei oder aus vier Personen bestehen, im Jahr 2021 amtsangemessen unterhalten werden konnten.

Im Zuge der Arbeiten am vorliegenden Gesetzentwurf wurde geprüft, für welche Besoldungsgruppen und Familienkonstellationen im Jahr 2022 eine Anpassung der Erhöhungsbeträge zum Familienzuschlag erforderlich ist. Hierbei trat zu Tage, dass in Folge der im Jahr 2021 erfolgten Steuererleichterungen die Erhöhungsbeträge zum Familienzuschlag der Stufen 2 und 3 in der Besoldungsgruppe A 5 auch im Jahr 2022 weiterhin ausreichend sind, um die amtsangemessene Alimentation sicherzustellen.

Damit jedoch zwischen den einzelnen Besoldungsgruppen auch bei Vorliegen von ein oder zwei Kindern das Abstandsgebot eingehalten wird, steigt in den Besoldungsgruppen A 6 und A 7 der Erhöhungsbetrag zum Familienzuschlag der Stufe 2 und wird in der Besoldungsgruppe A 8 erstmalig ein Erhöhungsbetrag zum Familienzuschlag der Stufe 2 festgelegt.

Die Absenkung des Erhöhungsbetrags für den Familienzuschlag der Stufe 3 in den Besoldungsgruppen A 6 und A 7 liegt darin begründet, dass eine Gesamtbetrachtung der familienbezogenen Besoldungsbestandteile vorzunehmen ist. In Zusammenschau mit der Steigerung des Erhöhungsbetrags zum Familienzuschlag der Stufe 2 in diesen Besoldungsgruppen ergibt sich, dass auch bei Familien mit zwei Kindern ein deutlicher Anstieg des kinderbezogenen Familienzuschlags festzustellen ist. In der Folge steigt im Jahr 2022 das zur Verfügung stehende Nettoeinkommen der Dienstkräfte in diesen Besoldungsgruppen auch dann deutlich gegenüber dem Vorjahr, wenn zwei Kinder in der Familie vorhanden sind.

Die Anlage 4b (Parameter 4b)) veranschaulicht die eben dargestellten Aspekte. Aus dieser Anlage ist zudem zu erkennen, dass das Mindestabstandsgebot konsequent eingehalten wird.

Die Steuerberechnung erfolgte mit Hilfe des Lohn- und Einkommensteuerrechners des Bundesministeriums für Finanzen anhand der Steuersätze für das Jahr 2022. Als Berechnungsgrundlage wurden für eine ledige Person die Steuerklasse I ohne Kinderfreibeträge, für eine nicht verheiratete Person mit einem Kind die Steuerklasse II mit einem Kinderfreibetrag und für ein Ehepaar die Steuerklasse III mit keinem, einem oder zwei Kinderfreibeträgen festgelegt. Kirchensteuer wurde im Einklang mit der Vorgehensweise des BVerfG nicht in Abzug gebracht.

Der Verband der Privaten Krankenversicherung e.V. hat mit Schreiben vom 11. August 2021 die Durchschnittsprämien seiner Mitglieder für die Kranken- und Pflegeversicherung bezüglich dem Versicherungsbedarf von beamteten Dienstkräften für die Jahre 2007 bis 2020 mitgeteilt. Für die Jahre 2021 und 2022 liegen dem Verband noch keine Daten vor.

Die Veränderungen in den Jahren 2021 und 2022 wurden daher aus den durchschnittlichen Anpassungen für die Jahre 2007 bis 2020 extrapoliert und jeweils mit 3,5 Prozent pro Jahr in Ansatz gebracht. Bei der Netto-Berechnung wurde nur der nach dem Bürgerentlastungsgesetz steuerlich absetzbare Anteil der Beiträge zur Privaten Krankenversicherung berücksichtigt (sogenannter BEG-Anteil). Dieser wurde vom Verband der Privaten Krankenversicherung e.V. mit 79,8 Prozent der Durchschnittsbeiträge angegeben.

Für ein Ehepaar mit zwei Kindern wurden bei der Steuerberechnung Krankenversicherungsbeträge in Höhe von monatlich 460 Euro ([249 + 252 + 38 + 38] x 0,798] und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von monatlich 40,76 Euro (20,38 x 2), insgesamt abgerundete 501 Euro in Abzug gebracht. Bei der Berechnung des netto zur Verfügung stehenden Jahreseinkommens nach Abzug der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge und unter Berücksichtigung des gewährten Kindergelds wurden jeweils die vollen, tatsächlich zu leistenden monatlichen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung (249 + 252 + 38 + 38 + 20,38 + 20,38 Seite 67 von 401 = 617,76 Euro, jährlich 7.413,12 Euro) von der Jahresnettobesoldung abgezogen.

In den Konstellationen, in denen kein oder nur ein Kind zu unterhalten ist, wurde der hierdurch geringere Beihilfebemessungssatz von 50 Prozent für die beihilfeberechtigte Person bei den dargestellten Berechnungen
entsprechend berücksichtigt.

Keine Übertragung des Mindestabstandsgebots auf beamtete Dienstkräfte im Ruhestand

Das BVerfG hat – auch in seinem Beschluss 2 BvL 4/18 vom 4. Mai 2020 – bisher hinsichtlich der Versorgung den im Bereich der Besoldung geforderten Mindestabstand zur Grundsicherung nicht verlangt. Die Entscheidung ist auch nicht ohne Weiteres auf die Versorgung übertragbar. Insbesondere die Mindestversorgung kann nicht mit der den aktiven beamteten Dienstkräften gewährten Besoldung verglichen werden. Im Hinblick auf die Höhe der Versorgung ist die Zeit im aktiven Dienstverhältnis zu berücksichtigen. Die amtsabhängige Mindestversorgung unterstellt unter Berücksichtigung des jährlichen Steigerungssatzes von 1,79375 Prozent (§ 14 Absatz 1 Satz 1 LBeamtVG) mit 35 Prozent der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge eine fiktive Dauer des Beamtenverhältnisses von rund 19,5 Jahren – unabhängig von dessen tatsächlicher Dauer. Um den Höchstruhegehaltssatz von 71,75 Prozent zu erreichen, bedarf es einer Dienstleistung von 40 Jahren. Eine eingeschränkte Dauer der Dienstleistung wirkt sich auch außerhalb der Mindestversorgung auf die Höhe der Versorgungsansprüche aus. Dies ist sachgerecht, um die Finanzierbarkeit und Funktionsfähigkeit des beamtenrechtlichen Versorgungssystems sicherzustellen. Hierfür bedarf es eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen aktiver Dienstzeit und entstehenden Versorgungsansprüchen (BVerfG, Beschluss vom 21. April 2015 - 2 BvR 1322/12, Rn. 87). Darüber hinaus wirkt sich die Erhöhung der Besoldungsbestandteile auch auf die spätere Versorgung aus. Das Land Berlin erhöht mit diesem Gesetz insbesondere auch die kinderbezogenen Besoldungsbestandteile deutlich, die auch den Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten gewährt werden. Auch hat ein großer Teil der Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten, der eine Mindestversorgung bezieht, neben dem beamtenrechtlichen Versorgungsanspruch Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung, da sie nicht während ihres gesamten Berufslebens im Beamtenverhältnis gestanden haben. Dies führt zu weiteren Einkommen, die zur Deckung des Lebensunterhaltes herangezogen werden können. Soweit das BVerfG ausführt, die vierköpfige Alleinverdienerfamilie sei eine aus der bisherigen Besoldungspraxis abgeleitete Bezugsgröße und nicht Leitbild der
Beamtenbesoldung, trifft dies auf die Versorgung nicht zu.

5) Quervergleich des jährlichen Bruttoeinkommens

In Anlage 5 (Parameter 5) ist der Abstand der Jahresbruttobesoldung im Land Berlin sowohl zu den Ländern als auch zum Bund und den Ländern mit dem Stand 31.12.2021 dargestellt. Die jeweils dargestellte Jahresbruttobesoldung umfasst das Grundgehalt der Endstufe, evtl. gewährte allgemeine Stellenzulagen/Strukturzulagen, Einmalzahlungen und Sonderzahlungen.

Nicht integriert sind Amtszulagen, familienbezogene Besoldungsbestandteile sowie alle sonstigen Besoldungsbestandteile wie bspw. die im Land Berlin gewährte Hauptstadtzulage. Wie aus der bezeichneten Anlage ersichtlich, beträgt der Abstand über alle Besoldungsgruppen hinweg zu den Ländern 0,037 Prozent und zu Bund und Ländern 0,18 Prozent. Die Vorgabe des BVerfG, dass das jährliche Bruttoeinkommen nicht mehr als 10 Prozent
unter dem Durchschnitt im Bund und in den anderen Ländern im selben Zeitraum liegen darf, wird also eingehalten. Auch bei der gesonderten Betrachtung einzelner Besoldungsgruppen wird diese Vorgabe des BVerfG erfüllt.

Eine Verletzung des fünften Parameters liegt somit nicht vor. Auf der zweiten Prüfungsstufe sind die Ergebnisse der ersten Prüfungsstufe mit den weiteren alimentationsrelevanten Kriterien im Rahmen einer Gesamtabwägung zusammenzuführen. Entsprechend der Rechtsprechung des BVerfG sind dafür zunächst die Feststellungen der ersten Prüfungsstufe, insbesondere das Ausmaß der Über- oder Unterschreitung der Schwellenwerte, im Wege einer Gesamtbetrachtung zu würdigen. Dabei kommt den fünf Parametern der ersten Prüfungsstufe eine Steuerungsfunktion hinsichtlich der Prüfungsrichtung und -tiefe zu: Sind mindestens drei Parameter der ersten Prüfungsstufe erfüllt, besteht die Vermutung einer der angemessenen Beteiligung an der allgemeinen Entwicklung der wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des Lebensstandards nicht genügenden und damit verfassungswidrigen Unteralimentation. Diese kann im Rahmen der Gesamtabwägung sowohl widerlegt als auch erhärtet werden. Werden umgekehrt bei allen Parametern die Schwellenwerte unterschritten, wird eine angemessene Alimentation vermutet. Sind ein oder zwei Parameter erfüllt, müssen die Ergebnisse der ersten Stufe, insbesondere das Maß der Über- beziehungsweise Unterschreitung der Parameter, zusammen mit den auf der zweiten Stufe ausgewerteten alimentationsrelevanten Kriterien im Rahmen der Gesamtabwägung eingehend gewürdigt werden. Vorliegend werden alle vom BVerfG auf der ersten Prüfungsstufe vorgegebenen Parameter eingehalten. Es ergibt sich somit keine Vermutung für eine verfassungswidrige Unteralimentation.

Eine Betrachtung der dritten Prüfungsstufe ist im vorliegenden Fall nicht erforderlich. Denn diese gelangt erst dann zur Anwendung, wenn die gewährte Alimentation grundsätzlich als verfassungswidrige Unteralimentation einzustufen wäre. Dann wäre zu prüfen, ob eine solche Unteralimentation ausnahmsweise verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein kann. Wie in der Begründung indes dargestellt, ist vorliegend von einer verfassungsgemäßen Alimentation auszugehen.

Beschluss des BVerfG zu kinderreichen Familien

Mit Beschluss vom 4. Mai 2020 (Az.: 2 BvL 6/17 u.a.) hält das BVerfG fest, dass bei der Beurteilung und Regelung dessen, was eine amtsangemessene Besoldung ausmacht, die Anzahl der Kinder nicht ohne Bedeutung sein kann. Werden die Grundgehaltssätze so bemessen, dass sie zusammen mit den Familienzuschlägen bei zwei Kindern amtsangemessen sind, darf Richterinnen und Richtern und beamteten Dienstkräften nicht zugemutet werden, für den Unterhalt weiterer Kinder auf die familien-neutralen Bestandteile ihres Gehalts zurückzugreifen.

Der Besoldungsgesetzgeber darf bei der Bemessung des zusätzlichen Bedarfs, der für das dritte und jedes weitere Kind entsteht, von den Leistungen der sozialen Grundsicherung ausgehen. Ein um 15 Prozent über dem realitätsgerecht ermittelten grundsicherungsrechtlichen Gesamtbedarf eines Kindes liegender Betrag bringt zur Geltung, dass die Alimentation etwas qualitativ Anderes ist als die Befriedigung eines äußeren Mindestbedarfs.

Anlage 6 stellt dar, wie hoch der monatliche Betrag ist, der einer Dienstkraft für den Unterhalt des dritten sowie des vierten und jedes weiteren Kindes netto zur Verfügung stehen muss. Hinsichtlich der für die Berechnung verwendeten Daten und Berechnungsmethodiken wird auf die obigen Ausführungen zur Beachtung des Mindestabstandsgebots verwiesen.

Da sich der im Gesetz zur Anpassung der Besoldung und Versorgung für das Land Berlin 2021 festgelegte Familienzuschlag der Stufe 4 sowie der Stufen 5 und höher auch im Jahr 2022 als ausreichend erweist, um den verfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht zu werden, wird diesbezüglich keine Anpassung vorgenommen.

Somit wird auch weiterhin ein Familienzuschlag der Stufe 4 in Höhe von 819,76 € über dem Familienzuschlag der Stufe 3 gewährt. Der Familienzuschlag der Stufen 5 und höher wird weiterhin jeweils in Höhe von 678,99 Euro über dem Familienzuschlag der jeweils vorgehenden Stufe gewährt.

Erhöhung der Stellenzulagen

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll dem in § 14 Absatz 1 BBesG BE enthaltenen Grundsatz, die Besoldung entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse regelmäßig anzupassen, auch bezüglich der Stellenzulagen Rechnung getragen werden. Die Stellenzulagen werden
daher um 2,8 Prozent erhöht.

Erhöhung Erschwerniszulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten

Es erfolgt eine lineare Erhöhung der Erschwerniszulage für den Dienst an Sonntagen und gesetzlichen Wochenfeiertagen, an den Samstagen vor Ostern und Pfingsten nach 12.00 Uhr sowie am 24. und 31. Dezember jeden Jahres nach 12.00 Uhr (Zulage für Sonn- und Feiertagsdienst) um 2,8 Prozent, weil diese Zulage auch beim Bund und in den anderen Bundesländern bei linearen Besoldungsanpassungen überwiegend berücksichtigt worden ist. Eine weitere Abkopplung dieser Zulage von allgemeinen linearen Besoldungsanpassungen und die hiermit verbundene Erhöhung der Betragsdifferenzen zum Bund und den anderen Bundesländern soll auf diese Weise vermieden werden.

Erhöhung der Mehrarbeitsvergütungssätze

Die Mehrarbeitsvergütungssätze werden, wie in den vergangenen Jahren, in Höhe der linearen Anpassung der Besoldungsbezüge angepasst. Personalgewinnungs- und Personalbindungsprämie In Weiterentwicklung des bisher in § 72 geregelten Sonderzuschlages zur Sicherung der Funktions- und Wettbewerbsfähigkeit wird nunmehr im Land Berlin eine Personalgewinnungs- und Personalbindungsprämie eingeführt. Die Prämie dient sowohl der Personalgewinnung als auch der Personalbindung und stellt ein besoldungsrechtliches Instrument eigener Art ohne alimentativen Charakter dar.

Aufgrund der im Land Berlin vorherrschenden Konkurrenzsituation zum Bund ist es notwendig, den Berliner Behörden Mittel zur Gewinnung und Bindung von qualifizierten beamteten Dienstkräften sowie Richterinnen und Richtern an die Hand zu geben. Eine im Jahr 2020 durchgeführte Evaluation hat gezeigt, dass der bisher in § 72 geregelte Sonderzuschlag zur Sicherung der Funktions- und Wettbewerbsfähigkeit nur sehr vereinzelt genutzt wurde, um qualifiziertes Personal zu gewinnen.

Zur Unterstützung der Gewinnung von fachlich qualifizierten Dienstkräften in den Fällen des Mangels an Bewerberinnen und Bewerbern wird daher in Anlehnung an die Regelung des Bundes sowie einzelner Bundesländer nunmehr auch im Land Berlin die Regelung modifiziert und sowohl in Bezug auf den möglichen Berechtigtenkreis als auch auf die Anwendbarkeit angepasst und optimiert.

Es ist nunmehr grundsätzlich möglich, sowohl die Personalgewinnungs- als auch die Personalbindungsprämie an beamtete Dienstkräfte sowie Richterinnen und Richter nahezu aller Besoldungsgruppen zu gewähren. Unter besonderen Voraussetzungen und in verminderter Höhe kann erstmalig auch eine Personalbindungsprämie gewährt werden, um abwanderungsbereites Personal zu halten. Zudem wird die Prämie als besondere Anreizwirkung nunmehr grundsätzlich als Einmalzahlung gewährt. Abweichend davon kann in Ausnahmesituationen auch eine Auszahlung in halbjährlichen Teilbeträgen erfolgen.

Durch die Neugestaltung der Personalgewinnungs- und Personalbindungsprämie soll den Dienststellen ein Instrument zur Verfügung gestellt werden, welches Ihnen ermöglicht, dem aufgrund der Konkurrenz zum Bund und der Privatwirtschaft in vielen Bereichen spürbaren Mangel an qualifizierten Fachkräften entgegenzuwirken bzw. deren Abwanderung zu verhindern. Zudem ist aus dem Bericht zum Personalbestand des unmittelbaren Landesdienstes Berlin vom Januar 2021 zu erkennen, dass bis zum Jahr 2028 ein beträchtlicher Anteil an Beschäftigten in den Ruhestand treten wird. Die Personalgewinnungs- und Personalbindungsprämie kann dazu beitragen, dass der in der Folge erforderliche qualifizierte Nachwuchs gewonnen und gehalten wird.

Aufgrund des insbesondere im IT-Bereich vorherrschenden Fachkräftemangels wird zudem für diese Personengruppe die Möglichkeit eröffnet, erhöhte Prämien zu zahlen.

Änderung der Polizei-Laufbahnverordnung (PolLVO)

Es erfolgt eine Ergänzung der Übergangsvorschrift des § 29 PolLVO für den Personenkreis lebensälterer Bewerberinnen und Bewerber, der als letzter Jahrgang nach den Voraussetzungen des § 23 der Verordnung über die Laufbahnen der Beamtinnen und Beamten des Polizeivollzugsdienstes - Schutzpolizei, Kriminalpolizei,
Gewerbeaußendienst – (PolLVO) vom 18. Dezember 2012 (GVBl. S. 532) eine Einstellungszusage erhalten hat.
Änderung der Vollstreckungsvergütungsverordnung (VollstrVergV) Nach einem Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts darf nach dem damaligen Wortlaut der Sächs-VVergVO keine Quotelung der Vertretungstage erfolgen, wenn eine Gerichtsvollzieherin oder ein Gerichtsvollzieher anteilig durch mehrere Gerichtsvollzieher oder Gerichtsvollzieherinnen vertreten wird. In Berlin ist es jedoch ebenfalls gängige Praxis, bei der Vertretung eines Gerichtsvollziehers oder einer Gerichtsvollzieherin durch mehrere Gerichtsvollzieher/innen, den Höchstbetrag nach § 10 Vollstreckungsvergütungsverordnung nur anteilig zu erhöhen.

Daher erfolgt eine entsprechende klarstellende Regelung auch in § 10 der Berliner Vollstreckungsvergütungsverordnung.


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